Jeder Handgriff muss sitzen. Elmar Wyrsch hat sich viele Gedanken gemacht, wie er das Werkzeug in seiner Kiste anordnet und welche Maschinen er mitnimmt. Bei den World Skills in Lyon, den Berufswelt-meisterschaften, will er keine Zeit mit der unnötigen Suche nach dem richtigen Utensil verlieren. Vom Dienstag, 10. bis Sonntag, 15. September kämpft der 20-Jährige aus Attinghausen UR um wichtige Punkte und Medaillen. Er tritt in der Kategorie «Möbelschreiner/in» an und wird versuchen, während 22 Stunden, die auf vier Tage verteilt sind, das Aufgabenobjekt so gut und detailliert wie möglich herzustel-len. Seine Konkurrenz bilden 21 Teilnehmende aus der ganzen Welt.
Seit letztem Februar trainiert der 20-jährige Urner im Betrieb von Möbelschreiner-Experte Tobias Hugen-tobler in Braunau TG. Dass er an die WM darf, weiss er seit den Swiss Skills in Bern im September 2022, wo er Schweizermeister wurde. Letzten Sommer schloss er seine Lehre ab und konzentrierte sich dann auf die WM-Teilnahme. «Mein Experte hat mit mir zu Beginn Basiswissen angeschaut wie zum Beispiel Schubladen, einfach viel detaillierter, als ich mir das gewohnt war. Dann haben wir meine Maschinen ge-nau eingestellt», beschreibt Wyrsch. Geübt hat er unter anderem auch das Furnieren oder das Zinken. «Natürlich habe ich auch Möbel produziert.»
Drei Testobjekte sind seit einigen Wochen bekannt. Diese bilden die Basis für das Aufgabenobjekt der World Skills. «Wie dieses genau aussieht, weiss niemand. Es ist bekannt, dass es eine abgeänderte Form oder eine Kombination der drei Möbel sein wird», sagt der Urner. Den WM-Plan werden die Teil-nehmenden am Vorbereitungstag erhalten. «Ich hoffe, dass das Aufgabenstück nicht zu einfach sein wird. Das spielt uns nicht in die Hände», sagt Experte Tobias Hugentobler. Denn die Schweizer seien von der Ausbildung her in allen Bereichen stark.
Wenn die 22 Stunden in Lyon vorbei sind, möchte Wyrsch in erster Linie mit seinem Möbel und seiner Leistung zufrieden sein. «Ich hoffe, meine volle Leistung und mein Können abrufen zu können. Zu wel-chem Ergebnis das reicht, sehen wir dann», sagt er. Die hohe Erwartungshaltung der Schweizer Verant-wortlichen, die schon viele Erfolge feiern durften, verspürt er zwar etwas, kann aber damit umgehen.
«Wir fahren nach Lyon, um etwas zu gewinnen», sagt Hugentobler. «Das wird aber nicht einfach. Die Spitze ist breiter geworden. Zwischen 10 und 15 Länder mischen mittlerweile vorne mit. Nur schon ein kleiner Fehler kann den Spitzenplatz kosten.» Er erwartet einen spannenden, fairen und engen Wett-kampf. Wyrsch hat sich in den letzten Wochen sehr gut entwickelt. «Ich bin sehr zufrieden. Wenn er seine Leistung abrufen kann, ist alles möglich.»
Endlich läuft der WM-Countdown
Zwei Schweizer Schreiner an den World Skills in Lyon (F)
Die Aufgabe ist eine Überraschung
Im Gegensatz zu Wyrsch weiss Loïc Santschi nicht, was für eine Wettbewerbsaufgabe ihn in Lyon erwar-tet. Erst zwei Tage vor dem Start wird das Objekt den Teilnehmenden und ihren Expertinnen und Exper-ten bekannt gegeben. «Bei den Massivholzschreinern wurde das auf dieses Jahr hin geändert», erklärt der 21-Jährige aus La Chaux-de-Fonds NE. «Ich finde es aber gut. Für mich ist es ein Vorteil, da ich Her-ausforderungen mag und gerne nach Lösungen suche.» Antreten wird er gegen 18 Konkurrenten.
Der Neuenburger befindet sich seit April bei seinem Experten im Training. Bei Roger Huwyler in Bex VD. «Das Training ist gut verlaufen, und ich verstehe mich mit Roger sehr gut. Er hat mir viel beigebracht», sagt Santschi. Der Experte habe immer wieder neue Objekte vorbereitet und ihn mit diesen herausgefor-dert. «Das sind zum Beispiel Fensterbögen, Räder oder andere Fragmente.»
«Meine Stärke ist die Schnelligkeit», findet Santschi. «Allerdings muss ich aufpassen, nicht zu schnell zu sein. Sonst geht das auf Kosten der Präzision.» Der Wettkampf ist auf dreieinhalb Tage verteilt. «Ich will mir jeweils ein Tagesziel setzen.» Nervös ist er noch nicht und fühlt sich bereit. Dass die Schweizer Schreiner schon viele Erfolge feierten, erzeugt zwar einen gewissen Druck, gibt ihm aber Vertrauen. «Un-sere Ausbildung und Trainings sind gut. Es ist möglich, gut abzuschneiden.» Santschis Ziel ist es, zu ge-winnen. «Es wird schwierig, und man weiss nie, was kommt. Ich möchte mein Bestes geben und tolle Er-fahrungen sammeln.» Ob es dann Gold oder eine andere Medaille gibt, wird man sehen. «Ich finde, man darf sich hohe Ziele stecken. Das spornt mich an.»
Roger Huwyler hat von seinem Schützling eine hohe Meinung. «Seit den Schweizermeisterschaften 2022 hat er sich enorm verbessert. Er muss aber aufpassen, dass er dem Arbeitsablauf genügend Priorität gibt», sagt der 64-Jährige. «Er arbeitet sehr schnell, jedoch mit kleinen Ungenauigkeiten. Wenn er das Trainierte umsetzen kann und nicht in alte Muster zurückfällt, traue ich Loïc eine sehr gute Leistung zu.»
Weitere Informationen:
www.schreinermeisterschaften.ch
www.worldskills2024.com
www.vssm.ch
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